{"id":948,"date":"2012-01-04T18:58:01","date_gmt":"2012-01-04T18:58:01","guid":{"rendered":"http:\/\/www.auszeiten.at\/?p=948"},"modified":"2014-05-11T09:18:44","modified_gmt":"2014-05-11T09:18:44","slug":"2012-4","status":"publish","type":"post","link":"http:\/\/www.auszeiten.at\/?p=948","title":{"rendered":"2012"},"content":{"rendered":"
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Afrika, Madagaskar – Kajakexpedition<\/p>\n
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Norwegen kenne ich nach acht Kajakurlauben bereits zur Gen\u00fcge, die Alpen sind Mitte Juli bis Mitte September gr\u00f6\u00dftenteils trocken und in den Rocky Mountains ist im letzten Winter wenig Schnee gefallen. Der Wunsch etwas ganz Neues zu erforschen bewog mich, mich auf die Suche nach Kajakneuland zu begeben. W\u00e4hrend eines gem\u00fctlichen Floats auf der Enns machte mich Chris, ein Freund, der 2009 mit dem Fahrrad Madagaskar bereiste, auf die Insel im Indischen Ozean und deren m\u00f6gliches Kajakpotential aufmerksam. Seine mitgebrachten Bilder, die sehr sp\u00e4rlichen Infos aus dem Netz und die Fakten, dass es sich um die viertgr\u00f6\u00dfte Insel handelt, diese d\u00fcnn besiedelt ist, es Erhebungen bis knapp 2900m gibt, \u00fcberzeugten mich schnell, dass diese Destination eine Reise wert ist.<\/p>\n
Ein paar Telefonate und drei weitere Gleichgesinnte waren gefunden. Kristof, Alex und Chris machten das Team komplett. Unsere Google Earth Studien lie\u00dfen bei uns schnell die Vermutung aufkommen, dass fast alle B\u00e4che Multidaytrips sind und Ein- bzw. Ausstiege schwer bis sehr schwer zu erreichen sein werden. Unsere Internetrecherche f\u00fchrte uns auch zu Gilles Gaoutiers, einem Franzosen, der die einzige Raftcompany auf Madagaskar leitet. Gill half uns in weitere Folge bei den Vorbereitungen und best\u00e4tigte unsere Annahmen \u00fcber Ein- und Ausstiege und die L\u00e4nger der Fl\u00fcsse. In einem Mail meinte er: \u201eIf you come here for kayaking in the dry season you\u2019 re going to paddle the big rivers and so be<\/p>\n
prepared to camp under the stars every night.\u201c Um auf der Insel unabh\u00e4ngig zu sein, verschifften wir noch einen alten 4WD von Antwerpen aus.<\/p>\n
Am 16.07.2012 war es dann so weit und Alex, Kris und ich flogen von Wien \u00fcber Paris, wo wir noch den anderen Chris trafen, nach Antanarivo, die Hauptstadt Madagaskars.<\/p>\n
Da das Gep\u00e4cksf\u00f6rderband nicht funktionierte, wurden all die Koffer und Taschen per Hand weiter gereicht. Nur als unsere Kajaks an die Reihe kamen stockte die Schlange, da jedes um die 37kg wog. Zweieinhalb Stunden nach unserer Ankunft konnten wir dann aber endlich mit all unserem Gep\u00e4ck in ein Taxi steigen und in einem Hotel einchecken. Die folgenden Tage verbrachten wir mit weiteren Vorbereitungen, trafen uns mit Gilles, erfuhren, dass unser Auto noch nicht angekommen war und bekamen der Reihe nach Durchfall oder mehr.<\/p>\n
Unsere Wahl f\u00fcr den ersten Bach viel auf den Ikopa nordwestlich von Tana. Per Taxi brousse, ein Toyota Lightace oder \u00c4hnliches vollgepackt mit Menschen, brachte uns die 200km, f\u00fcr die wir sechs Stunden ben\u00f6tigten, zum Einstieg. An einer Br\u00fccke eines Nebenbaches begannen wir unter den staunenden Blicken zahlreicher\u00a0 Locals mit dem Beladen der Boote.<\/p>\n
Der Weg zum Ikopa erwie\u00df sich als sehr m\u00fchsam, da wir auf Grund\u00a0 des seichten Wassers unsere Kajaks immer wieder ziehen mussten. Ein paar wenige Rapids konnten uns aber doch erfreuen. Leider bekam Alex\u2019 Boot einen Riss und wir mussten gleich mal unseren Tapevorrat anrei\u00dfen.\u00a0 Als wir am Ende des ersten Tages unseren Fluss, den Ikopa, noch immer nicht erreicht hatten und pl\u00f6tzlich wieder die Stra\u00dfe auftauchte, wussten wir, dass wir an der falschen Br\u00fccke eingestiegen sind. 1:1 500 000 Karten sind eben doch nicht das Wahre.<\/p>\n
Am zweiten Tag standen wir nach langem und anstrengendem Flachwasserpaddeln an der Kante der M\u00fcndungsf\u00e4lle zum Ikopa. Ein, zwei Slides konnten wir paddeln, aber der Rest stand au\u00dfer Diskussion und musste umtragen werden. Eine schwei\u00dftreibende Angelegenheit mit ca. 37kg schweren Kajaks. Der Anblick der F\u00e4lle entsch\u00e4digte uns und die Hoffnung auf tolles Wildwasser lie\u00df uns flott weiterpaddeln. Nach einigen wuchtigen Schw\u00e4llen, der Flu\u00df war inzwischen auf etwa 150cm3 angeschwollen, schlugen wir auf einer Sandbank unser zweites Lager auf. Die folgenden Tage am Ikopa waren gew\u00fcrzt mit wuchtigen Rapids, sehr netten Locals aber auch langen Flachwasserpassagen. Eines Tages, als sich der Hunger wieder bemerkbar machte, wurden wir auf Reis und Huhn in einer Bambush\u00fctte eingeladen.<\/p>\n
Nach f\u00fcnf N\u00e4chten wurden unsere Vorr\u00e4te knapp und wir mussten entscheiden, ob wir bei der n\u00e4chsten M\u00f6glichkeit zur Stra\u00dfe tragen oder doch bis zum geplanten Ausstieg paddeln wollten. Nat\u00fcrlich paddelten wir nach einer Nacht auf einer Insel weiter und es war eindeutig die richtige Entscheidung. Vorbei ging es an Goldw\u00e4schern, die auf das gro\u00dfe Gl\u00fcck hoffen.<\/p>\n
Pl\u00f6tzlich grub sich der Fluss ein und stundenlang folgte Rapid auf Rapid. Vieles fahrbar, einiges auf der Chickenline fahrbar und manches definitiv unfahrbar. Irre Wasserf\u00e4lle mussten umtragen werden und am Abend als wir bereits mit einer weiteren Nacht am Fluss rechneten,\u00a0 erreichten wir, nach einem netten Schwall, \u00fcberraschend Flachwasser und damit den Ausstieg. Wir st\u00e4rkten uns mit Reis und Huhn, um dann gest\u00e4rkt\/ mit neuer Energie? und gl\u00fccklich ein letztes Mal am Strand des Ikopas in unsere Schlafs\u00e4cke zu kriechen. Die erste \u00f6sterreichische Befahrung war gegl\u00fcckt.<\/p>\n
In den n\u00e4chsten Tagen fuhren wir mit Sack und Pack nach Finarantsoa. Von dort aus paddelten wir \u00fcber vier Tag den Matsiatar. Was wir dort fanden ist schnell zusammengefasst: Flachwasser, Krokodile, ein paar Rapids, nochmal Flachwasser und am Ausstieg ein \u201eHotel\u201c,\u00a0 das so grindig war, dass wir das Zelt am Bett aufstellten.<\/p>\n
Die R\u00fcckfahrt nach Fina brachte noch eine steckengebliebene Bremse, die aber kurzer Hand ausgebaut wurde. Wer braucht schon eine Bremse, wenn es noch drei weitere Reifen gibt. In Fina beschlossen wir, uns an unsere geplante Erstbefahrung zu wagen. Wir w\u00e4hlten den Matatana aus.<\/p>\n
Von Google Earth wussten wir, dass der Einstieg im Dschungel ist, dass in der Mitte des Flusses ein Abbruch von ca. 150Hm auf uns wartet und der Ausstieg an einer Br\u00fccke liegt. Gilles wollte das Gebiet um den Einstieg auf m\u00f6gliches Trekkingpotential von seinen Leuten auskundschaften lassen und so kletterten wir mit ein paar Locals in ein privates taxi brousse. Dieses blieb dann gleich mal in einem Schlammloch stecken und musste mit einem Wagenheber geborgen werden, nur um dann etwa 1km vor unserer Zielortschaft erst recht nicht weiter zu k\u00f6nnen. Der Fahrer traute einer Br\u00fccke nicht. Wir organisierten Tr\u00e4ger und schlugen unser Lager am \u201eFu\u00dfballacker\u201c auf. Nach z\u00e4hen Verhandlungen setzten wir am n\u00e4chsten Tag unseren Weg zum Einstieg fort. Den ganzen Tag lang m\u00fchten wir uns \u00fcber kleinste Wege und ich war echt froh mein Kajak nicht selber tragen zu m\u00fcssen. Ein paar Blutegel am Fu\u00df sp\u00e4ter erreichten wir eine kleine Insel in einem sehr d\u00fcrftig aussehenden Bach. Wir hatten unser Ziel, den Matatana, erreicht. Einer der Locals, der uns als Guide diente, opferte dem Flussgott noch etwas Rum in einem noch nie zuvor gesehenen Ritual. So \u201ebezahlten\u201c wir\u00a0 f\u00fcr das \u201eFady\u201c (Verbot), unsere roten Kajaks auf den Fluss zu bringen. Bei einer abendlichen Jam-session unter Sternenhimmel auf den wasserdichten Boxen wurde uns Wei\u00dfen vor Augen gef\u00fchrt, dass wir eigentlich \u00fcberhaupt kein Rhythmusgef\u00fchl besitzen.<\/p>\n
Die n\u00e4chsten zwei Tage arbeiteten wir uns durch dichten Dschungel und schleppten unsere Kajaks \u00fcber Steine. Beim Umtragen eines Baumsechsers kippte mein Kajak um und meine Kamerabox schwamm direkt in einen kleinen Syphon. Verzweifelt versuchte ich sie zu bergen und nach etwa 20min konnte ich die wasserdichte Box wieder in H\u00e4nden halten. Sie ist wirklich dicht.<\/p>\n
Zu Mittag des zweiten Tages fuhr ich\u00a0 einen kleinen Abfall und konnte meinen Augen nicht trauen. Etwa 20m vor mir brach der Bach keine 150Hm, wie von Google Earth angenommen, sondern eher 450Hm ab. Beim Anblick der Ufervegetation wurde uns schnell klar, dass wir uns auf einen sehr anstrengenden Umtrager einstellen m\u00fcssen. Den Rest des Tages schleppten, zerrten, zogen und warfen wir unsere Kajaks die 450Hm bergab und etliche H\u00f6henmeter wieder bergauf. Auf die wenigen Menschen, die wir trafen, mussten wir wie Verr\u00fcckte gewirkt haben. Selten hatten wir Zeit und Mu\u00dfe, die grandiose Landschaft zu bewundern. Nach einem ausgiebigen Bad am Abend im Fluss hofften wir auf tolle Rapids in den n\u00e4chsten Tagen. Hier drehten Gilles Leute um, da es eindeutig kein Trekkinggebiet ist. Da die n\u00e4chsten Tage wenige lohnende Rapids brachten, brachen wir bei der ersten mit dem Auto zu erreichenden Ortschaft unsere Erstbefahrung ab. Ein Zug brachte uns in einer zw\u00f6lfst\u00fcndigen Tortur zur\u00fcck nach Fina.<\/p>\n
Dort hatten wir mal genug vom Paddeln und begaben uns auf den Touripfad. Wir fuhren nach Anakau an die Westk\u00fcste, um am Meer ein bissi zu surfen, die Seele baumeln zu lassen und das eine oder andere Buch zu lesen. Mit einem Einbaum ging es zum Whale watchen und tats\u00e4chlich sahen wir die riesigen S\u00e4uger aus der N\u00e4he. Irgendwann wurden wir aber doch unruhig und es meldete sich wieder der Paddler. So packten wir nach einem Besuch im Isalo Nationl Park f\u00fcr ein letztes Mal unsere Trockens\u00e4cke. Wir wollten den unteren Namorona paddeln.<\/p>\n
Dieser Fluss wurde mit dem Ikopa gemeinsam das Highlight unserer Reise. Ziemlich leichte Logistik, viele Rapids, wenige Portagen, der eine oder andere Drop, wundersch\u00f6ne Schlafpl\u00e4tze mit gen\u00fcgend Brennholz und relativ wenig Flachwasser zeichnen diesen Abschnitt aus. Immer wenn wir glaubten, es kommt nur mehr Flachwasser, wurden wir von einer weiteren Kante \u00fcberrascht.<\/p>\n
Bemerkenswert ist die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen. Am Bach wurde uns oft Obst angeboten,\u00a0 geht nicht gibt\u2019s nicht und beim Ausstieg des Namoronas mussten wir etwa 30Std. auf ein Taxi brousse warten und wurden die Zeit \u00fcber von einem Einheimischen versorgt.<\/p>\n
Nach 7 Wochen war die Zeit gekommen, von dieser interessanten Insel Abschied zu nehmen.<\/p>\n
Ein herzlicher Dank geht an Ophion Paddles, die uns mit ihrem tollen Material auf dieser Expedition unterst\u00fctzt haben.<\/p>\n